Freundesland-Rezepte – Kulinarische Erinnerungen aus Ungarn, Sowjetunion, Polen, ČSSR, Bulgarien und Jugoslawien

Die DDR war nicht nur durch ihre eigene Küche geprägt, sondern auch durch die enge Verbindung zu den sogenannten sozialistischen „Bruderländern“. In Austauschprogrammen, durch Urlaubsreisen ans Schwarze Meer oder nach Ungarn, über Kochbücher oder durch ausländische Studenten gelangten viele Rezepte in den Alltag der DDR-Bürger. Diese Gerichte waren oft exotisch, manchmal etwas abgewandelt, weil bestimmte Zutaten fehlten, und doch bereicherten sie den Speiseplan ungemein.

In der Erinnerung vieler Menschen verbinden sich mit diesen Rezepten Urlaubsgefühle, das Miteinander in Ferienlagern oder besondere Festessen. Schauen wir uns an, welche kulinarischen Schätze die DDR aus den Freundesländern kennenlernte.

Ungarn – das Land der Paprika und herzhaften Eintöpfe

Ungarn war für die DDR das kulinarische Herz Europas, wenn es um würzige, aromatische Speisen ging. Paprika war hier nicht nur ein Gewürz, sondern ein Lebensgefühl. Wer in den 1970er- oder 1980er-Jahren am Balaton Urlaub machte, der erinnert sich noch an die vielen Stände, an denen Lángos mit Knoblauch und Sauerrahm verkauft wurde.

Typische ungarische Gerichte waren:

Ungarisches Gulasch
Dieses Gericht ist ein Klassiker, der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde. In Ungarn unterscheidet man zwischen dem „Pörkölt“, einem dicken Fleischtopf, und der „Gulyásleves“, einer Gulaschsuppe. Beiden gemeinsam sind Rind- oder Schweinefleisch, viel Zwiebeln, Knoblauch, Kümmel und vor allem edelsüßes Paprikapulver. Das Gulasch war in der DDR ein beliebtes Sonntagsessen.

Szekely Gulyas serviert auf orange-grünem Teller mit Knödeln, dazu frische Kräuter, rustikales DDR-Geschirr, heller Holzhintergrund.
Szekely Gulyas – Ungarischer Eintopf mit Schweinefleisch und Sauerkraut

Paprikahuhn (Csirkepaprikás)
Hierbei wurden Hühnerteile in einer sämigen Soße aus Zwiebeln, Sauerrahm und reichlich Paprika geschmort. Dazu gab es Nockerln oder Spätzle. Für DDR-Bürger war es ein besonderer Genuss, wenn dieses Gericht in Restaurants angeboten wurde.

Paprikahuhn
Paprikahuhn mit Nockerln / Kobako [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

Lángos
Die frittierten Hefefladen mit Knoblauch, Käse oder Sauerrahm sind bis heute beliebt. Sie waren gerade im Urlaub am Balaton ein Muss und wurden oft gleich warm gegessen.

Fischsuppe (Halászlé)
Besonders in der Gegend der Donau war die Fischsuppe mit viel Paprika verbreitet. In der DDR war sie zwar nicht alltäglich, aber in ungarischen Restaurants konnte man sie probieren.

Ungarische Fischersuppe
Ungarische Fischersuppe / Croom, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Letscho
Auch in der DDR sehr beliebt: eine Paprikasoße mit Tomaten, Zwiebeln und manchmal Wurst. Letscho wurde oft als Beilage serviert oder mit Nudeln kombiniert.

Letscho nach Hausmacherart
Letscho nach Hausmacherart © Bildagentur PantherMedia / oksixx

Sowjetunion – Suppen, Teigtaschen und Salate

Die sowjetische Küche wirkte auf DDR-Bürger oft exotisch, aber gleichzeitig auch vertraut, da viele Zutaten ähnlich waren. Bekannt wurde sie vor allem durch Bücher, Gaststudenten und kulturelle Veranstaltungen.

Borschtsch
Diese kräftige Suppe auf Basis von Roter Bete ist wohl das bekannteste Gericht. Sie wird mit Rindfleisch, Kohl, Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln und Dill gekocht. Typisch ist die leuchtend rote Farbe. Serviert wird Borschtsch mit einem Klecks Schmand und Brot.

Kalter ukrainischer Borschtsch
Kalter ukrainischer Borschtsch © Bildagentur PantherMedia / lenyvavsha

Schtschi
Eine Kohlsuppe, die einfacher war als Borschtsch, aber genauso beliebt. Sie bestand meist aus Sauerkraut oder Weißkohl, Kartoffeln und Fleisch.

Pelmeni
Diese kleinen Teigtaschen sind dem DDR-Gaumen durch Ravioli oder Maultaschen vertraut. Sie wurden mit Hackfleisch gefüllt, in Brühe gekocht und oft mit Schmand serviert.

Pelmeni
Pelmeni © Bildagentur PantherMedia / Ivanna Grigorova

Olivier-Salat
Auch als „russischer Kartoffelsalat“ bekannt. Er bestand aus Kartoffeln, Erbsen, Karotten, sauren Gurken, Wurst oder Fleisch und viel Mayonnaise. In der DDR war er besonders zu Silvester auf vielen Buffets zu finden.

Kwas
Ein leicht alkoholisches Getränk aus fermentiertem Brot. Für viele DDR-Reisende in die Sowjetunion war der Geschmack ungewohnt, aber erfrischend.

BrotkwasBrotkwas

 

Piroschki
Kleine Teigtaschen, die mit Fleisch, Kartoffeln, Kohl oder Pilzen gefüllt und frittiert oder gebacken wurden. Sie eigneten sich als Imbiss zwischendurch.

Abonniere jetzt unseren Newsletter!
Kein Spam, kein Bullshit, keine Weitergabe deiner Mailadresse an Dritte!

Polen – Kraut, Würste und deftige Küche

Polnische Küche war für DDR-Bürger schnell erreichbar und sehr beliebt. Viele fuhren zum Einkaufen über die Grenze und brachten nicht nur Lebensmittel, sondern auch Rezepte mit.

Bigos
Das Nationalgericht Polens, auch „Jägertopf“ genannt, besteht aus Sauerkraut, frischem Weißkohl, verschiedenen Fleischsorten und Wurst. Er wurde über Tage hinweg gekocht, wodurch er seinen intensiven Geschmack erhielt.

Bigos (polnischer Sauerkrauteintopf)
Bigos (polnischer Sauerkrauteintopf) © Bildagentur PantherMedia / Dzinnik Darius

Pierogi
Gefüllte Teigtaschen mit Kartoffeln, Quark, Pilzen oder Sauerkraut. In Polen ein alltägliches Gericht, in der DDR ein kulinarisches Highlight.

Barszcz
Die polnische Variante des Borschtsch, häufig vegetarisch und leichter gewürzt. Beliebt war er mit kleinen Teigtaschen, den „Uszka“.

Kielbasa
Die polnischen Würste waren in der DDR sehr gefragt. Viele erinnern sich daran, wie sie mitgebracht und auf dem Grill zubereitet wurden.

Makowiec
Ein Mohnkuchen, der traditionell an Weihnachten gegessen wurde. In der DDR kannten viele dieses Gebäck durch Verwandtschaft oder Urlaubsreisen.

ČSSR – Böhmische Köstlichkeiten und süße Klassiker

Die Tschechoslowakei brachte viele Rezepte in die DDR, die besonders durch ihre Knödel und Mehlspeisen geprägt waren.

Svíčková
Ein Rinderbraten in Sahnesoße mit Preiselbeeren und böhmischen Knödeln. Dieses Gericht war sehr festlich und fand auch in DDR-Kochbüchern Beachtung.

Böhmische Knödel
Eine typische Beilage, die in der DDR gerne zu Braten gereicht wurde. Sie wurden aus Mehl, Hefe und Milch hergestellt und gedämpft.

Böhmische Knödel
Böhmische Knödel © Bildagentur PantherMedia / Viktor Fischer

Kolatschen
Süße Hefekuchen mit Quark-, Mohn- oder Pflaumenmusfüllung. Sie wurden oft als Sonntagsgebäck serviert.

Zwetschgenknödel
Gefüllte Kartoffelknödel mit Zwetschgen, bestreut mit Zimt und Zucker. Besonders im Sommer ein beliebtes Gericht.

Pilsner Bier
Auch wenn es kein Gericht ist: Das Bier aus der ČSSR war ein beliebtes Mitbringsel und ein Stück tschechischer Esskultur.

Bulgarien – frische Salate und mediterrane Einflüsse

Bulgarien war das Urlaubsland der DDR schlechthin. Wer einmal am Schwarzen Meer war, erinnert sich nicht nur an Sonne und Strand, sondern auch an die leichte Küche mit viel frischem Gemüse.

Schopska-Salat
Der wohl bekannteste bulgarische Salat. Er bestand aus Tomaten, Gurken, Paprika, Zwiebeln und wurde mit geriebenem Schafskäse bestreut. Ein echtes Urlaubsgericht, das sofort Erinnerungen weckt.

Schopska-Salat (Bulgarien)
Schopska-Salat (Bulgarien) / Popo le Chien [CC0]

Baniza
Ein Gebäck aus Blätterteig mit einer Füllung aus Käse, Eiern und Joghurt. Es war sowohl als Frühstück als auch als Snack beliebt.

Kavarma
Ein Eintopf aus Fleisch, Paprika, Tomaten und Zwiebeln. Durch die langsame Zubereitung entstand ein besonders aromatisches Gericht.

Tarator
Eine kalte Gurkensuppe mit Joghurt, Knoblauch und Dill. Sie war ideal für heiße Sommertage und wurde von DDR-Urlaubern gerne gegessen.

Tarator (Kalte Gurkensuppe)
PantherMedia / rusak (YAYMicro)

Kebaptscheta
Kleine Hackfleischröllchen, ähnlich wie Ćevapčići, die auf dem Grill zubereitet wurden.

Jugoslawien – Grillfreuden und würzige Pasten

Jugoslawien stand für Grillen, Fleischgerichte und mediterrane Würze. Viele DDR-Urlauber brachten Ajvar und die Erinnerung an Balkanspezialitäten mit nach Hause.

Ćevapčići
Die kleinen Hackröllchen wurden auf dem Grill zubereitet und mit Fladenbrot, Zwiebeln und Ajvar serviert. Sie wurden schnell auch in DDR-Gärten zum Klassiker.

Cevapcici
Cevapcici

Pljeskavica
Ein großer Hackfleischfladen, ähnlich einem Hamburger, aber kräftiger gewürzt. Beliebt mit Käsefüllung.

Ajvar
Eine Paprikapaste, die zu Fleisch, Brot oder Kartoffeln gereicht wurde. DDR-Bürger brachten sie gerne in Gläsern mit.

Burek
Ein Gebäck aus Yufka-Teig, gefüllt mit Fleisch, Käse oder Spinat. Besonders in Urlaubslokalen sehr beliebt.

Sarma
Mit Hackfleisch und Reis gefüllte Kohlblätter, die in Tomatensoße geschmort wurden.

Völkerfreundschaft auf dem Teller

Die kulinarische Vielfalt der sozialistischen Bruderländer brachte Abwechslung in die DDR-Küche. Jedes Land hatte typische Gerichte, die durch Reisen, Bücher oder Austauschprogramme bekannt wurden. Manche davon wie Gulasch, Letscho oder Schopska-Salat sind bis heute in deutschen Küchen präsent. Andere sind eher mit Urlaubserinnerungen verbunden, wenn man an warme Sommernächte, Grillabende oder den Duft von frisch gebackenem Baniza denkt.

Diese Freundesland-Rezepte zeigen, dass Essen immer auch ein Stück Kultur und Erinnerung ist. Wer sie heute nachkocht, bringt nicht nur alte Zeiten zurück, sondern entdeckt auch, wie vielfältig die Küche in der DDR tatsächlich war.

5/5 - (7 Bewertungen)

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert