Buletten – Mehr als nur Hackfleisch: Ein Stück DDR-Kultur und internationale Vielfalt
Die Bulette – Alltag, Kindheit und Genuss
Wer in der DDR aufgewachsen ist, kennt sie: die Bulette. Kaum ein anderes Gericht war im Alltag so allgegenwärtig. Buletten gab es in der Familie, in der Schule, im Kindergarten, in der Kantine, am Kiosk, bei Oma und sogar bei Betriebsfeiern. Sie gehörten genauso auf den Speiseplan wie Soljanka, Grüne Klöße oder Würzfleisch. Die Bulette war das Volksgericht schlechthin – günstig, variabel, immer lecker. Kein Wunder also, dass die Bulette in vielen Familien ein echtes Highlight war.

Eier? Immer im Haus!
Viele erinnern sich daran, dass manches in der DDR mal knapp war – ob Banane, Kaffee oder Fleisch. Aber Eier waren fast immer da. Sie kamen aus dem Garten, vom Wochenmarkt oder vom Nachbarn, der Hühner hatte. Gerade bei der Buletten-Herstellung war das Ei gesetzt: Es diente als Bindemittel, machte die Hackmasse schön locker und saftig. Es war selbstverständlich, das Ei in die Mischung zu schlagen – und selbst, wenn mal am Fleisch gespart werden musste, am Ei wurde nicht gegeizt.
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Von der Bulette zur Frikadelle – Namen und regionale Unterschiede
„Bulette“ – schon der Name klingt nach Berlin, nach Osten, nach der Arbeiterklasse. Aber die Bulette ist nicht allein: In Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt heißen sie auch mal „Fleischklops“, „Fleischklößchen“, „Bratklops“ oder einfach „Klops“. Im Westen ist das Wort „Frikadelle“ geläufiger, während im Süden „Fleischpflanzerl“ (Bayern, Österreich), „Fleischküchle“ (Schwaben) oder „Fleischlaberl“ (Österreich) auf den Tisch kommen.
Im Norden der DDR, vor allem in Mecklenburg und Brandenburg, war die „Bulette“ ebenfalls der Standardbegriff – und auch heute noch weiß dort jedes Kind, was gemeint ist.

Internationale Verwandtschaft
Die Bulette hat in vielen Ländern der Welt Verwandte:
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In Russland und Polen nennt man sie Kotlety oder Kotlety mielone – meist größer und mit noch mehr Zwiebeln oder Brot in der Masse.
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In den USA ist das Grundprinzip als Hamburger Patty weltbekannt, dort aber fast immer ohne Zwiebel und Ei, oft nur Rindfleisch.
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In der Türkei und auf dem Balkan sind es Köfte: kleinere, stärker gewürzte Hackbällchen, oft mit Lamm, Rind oder beidem und viel Petersilie.
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Die Italiener machen daraus ihre Polpette, meist als kleine Hackbällchen in Tomatensoße.
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Die Briten und Amerikaner kennen noch die Meatballs, die es oft mit Pasta gibt.
Ob rund, oval oder flach – am Ende bleibt die Idee überall gleich: Hackfleisch, Brot (oder Brötchen), Ei und Gewürze, gebraten in der Pfanne.
Herkunft und Ursprung – ein bisschen Geschichte
Die erste schriftliche Erwähnung von etwas, das wir heute als Bulette oder Frikadelle bezeichnen würden, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich war das eine französische Idee: „Boulette“ bedeutet einfach „Kügelchen“. Über Adelskreise und die Berliner Bürgerlichkeit hat sich die Bulette im 19. Jahrhundert in Deutschland verbreitet – und dabei den Namen behalten.
Mit der Industrialisierung und der besseren Verfügbarkeit von Fleisch kamen Hackfleischgerichte auch bei der Arbeiterklasse an. In der DDR wurde aus der Bulette ein echtes Volksgericht, das man aus wenig viel machen konnte – und das nicht zuletzt durch das Ei immer auch ein bisschen nach Zuhause schmeckte.
Alltag in der DDR: Buletten überall
Wer in der DDR in die Schulküche, Werkskantine oder zum HO-Imbiss ging, wurde von Buletten begrüßt. Besonders beliebt: Bulette im Brötchen, mit Senf – das „Bulettenbrot“. Nach einer langen Schicht, in der Pause oder auf dem Heimweg vom Badesee: Die Bulette war dabei.
Oft wurde am Fleisch gespart oder das Hack mit Brötchen, altem Brot, Haferflocken, sogar Kartoffelmehl oder – in kreativen Zeiten – mit ein bisschen Möhren oder Sellerie gestreckt. So entstand ein Gericht, das nicht nur billig und praktisch, sondern auch wandelbar war. Das Ei war das, was den Laden zusammenhielt – wortwörtlich.
Familienleben: Die geheime Zutat
Jede Familie hatte ihr eigenes Buletten-Geheimnis. Die einen schworen auf viel Zwiebel, andere auf einen Schuss Senf, manche rührten Milch oder Mineralwasser unter. Manche Muttis rollten kleine, runde Bällchen, andere machten dicke, flache Buletten. Es gab die Buletten, die im Ofen gebacken wurden, und die, die klassisch in der Pfanne bruzzelten. Wichtig war: außen knusprig, innen fluffig und immer ein Ei in der Masse!
Buletten und Nostalgie: Das bleibt
Heute sind Buletten ein Stück Ostalgie und eine kulinarische Brücke zwischen den Generationen. Sie erinnern an Klassenfahrten, Werksfeste und die große, gemeinsame Tafel am Sonntag. Auch nach der Wende blieb die Bulette erhalten – ob als Pausenbrot, Imbiss oder Familiengericht. Und viele schwören noch immer auf das Rezept ihrer Mutter oder Oma.
Kleine Fun Facts
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Im Volksmund wurde die Bulette oft liebevoll „Klopps“ genannt.
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Eine kalte Bulette mit Senf auf Brötchen ist für viele heute noch das beste Katerfrühstück.
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Eier für die Bulette waren im Osten fast „systemrelevant“ – ohne Ei keine richtige Bulette!
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Bulettenwettessen waren der Hit bei Straßenfesten und Kindergeburtstagen.
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Manche sagen, in jeder guten Bulette steckt ein kleines bisschen Familiengeschichte.
Fazit
Ob Bulette, Frikadelle, Fleischpflanzerl oder Klops – das Gericht steht für Kreativität, Alltagsküche und Zusammenhalt. Besonders in der DDR war die Bulette mehr als nur Essen: Sie war ein Stück Heimat auf dem Teller. Und ganz gleich, wie wenig Fleisch oder Brötchen im Haus waren – Eier waren immer dabei. Das machte die Bulette aus: simpel, ehrlich, lecker, für alle.